alltägliche grenzerfahrungen
Eine Freundin von mir hat Hausverbot in diversen linken Räumen, weil sie sich als Muslima mit ihren Brüdern und Schwestern in Palästina solidarisiert und das durch das Tragen einer Kufiya sichtbar macht. Eine Kufiya, auch bekannt als „Pali-Tuch“, sei ein Symbol des Antisemitismus, so der Vorwurf. Das stimmt mitunter auch. Zum Beispiel, wenn Nazis sie sich aneignen und tragen. Dann ist das sogar sehr einschlägig antisemitisch. Aber sie ist kein Fascho, sondern eine muslimische Frau of Color, die alles andere als antisemitisch ist. Die Kompetenz zu differenzieren fehlt allerdings vielen weißen Linken, insbesondere Antideutschen.
Antideutsche sind für mich grundsätzlich ein steinhartes Pflaster. In der Regel sind es Kartoffeln in ihrer natürlichsten Form, weiße Deutsche mit übertriebenem Israel-Fetisch. Sie eignen sich jüdische Symbolik an, schwingen in patriotischer Manier Israel-Flaggen und wählen zu Teilen sogar die CDU, weil Angela Merkel irgendwann mal bedingungslose Solidarität mit Israel ausgesprochen hat. Antideutsche Kartoffeln sind jene, die immer über den Nahostkonflikt sprechen möchten, als gäbe es nur einen einzigen Krieg. Doch alle jüdischen Personen und Leute aus Israel, die ich bisher getroffen habe, scheißen auf die Meinung und Solidarität von Leuten, deren Großeltern mit hoher Wahrscheinlichkeit noch am Holocaust beteiligt waren, und die sich heute schamlos mit Israelpatriotismus schmücken. Die meisten Antideutschen, die mir begegnet sind, rudern auch gerne ans anti-muslimisch-rassistische Ufer. In Israel selbst positionieren sich viele Linke pro-Palästina.
Gewiss: Das antisemitische Spektrum der Linken ist nicht minder gruselig. Wo bleibt die differenzierte Staatskritik? Wann fangen die Kartoffeln endlich damit an, ihre weißen Privilegien zu hinterfragen, bevor sie sich in politische Positionen stürzen? Zum Beispiel könnten sie auch darüber nachdenken, inwiefern ihr Habitus nicht eher respektlos als solidarisch jüdischen Personen gegenüber ist. Das können die meisten Kufiya-tragenden Personen aus meiner Umgebung nämlich sehr wohl.
Hengameh Yaghoobifarah findet die meisten Antideutschen eher peinlich als konstruktiv und wünscht sich von der Linken insgesamt weniger selbstgerechte und rein weiße Zugänge.
5 Kommentare zu „neuland: Kartoffeln mit Falafel-Fetisch“
Dass manche Antideutsche Juden sind ist bekannt?
Eine Antwort auf den “an.schläge”-Artikel “Kartoffeln mit Falafel-Fetisch”
https://schlottekamuffel.wordpress.com/2015/07/21/eine-antwort-auf-den-an-schlaege-artikel-kartoffeln-mit-falafel-fetisch/
Guter Artikel!
Und ich finde, dass Hengameh Yaghoobifarah zu viel bullshit auf zu vielen Platformen veroeffentlicht. Naja, liest zum glueck eh keiner um es ernst zu nehmen. Aber mal zum inhaltlichen: Nazis sind Antisemiten, wenn sie eine Kufya tragen, aber Muslime nicht? Weil? Oh, ja, ich vergasz (btw, das sz hier wegen dem umstand das mein Laptop kein buckel-s besitzt)in der muslimischen Welt gibt es keinen Antisemitismus, nur Palaestina-Solidaritaet und Nazi-Deutschland-Israel vergleiche, aber hey, Relativierung der Shoah, pff, als muslimische FoC wird man das ja mal noch sagen duerfen.
Auch: hat sich Hengameh nicht neulich einen juedischen Namen so voll cultural appropriated? Das sind ja ganz schoene Doppelstandards. Bestimmt fuehlt sich eine Sara irgendwo auf der Welt davon nun furchtbar betroffen und angegriffen.
Ist der Dame eigentlich der Migrationshintergrund der Kartoffel bewusst?