Jedes Jahr zum Töchtertag kommen einige Mädchen zu uns in die Redaktion, um für einen Tag in das Berufsfeld Journalismus und Medienarbeit reinzuschnuppern. Meist versuchen sie sich dabei auch an ersten eigenen Texten. Hier die Kolumne einer Töchtertag-Teilnehmerin.
In der Volksschule war ich immer bei den Mädchen. Ich fand sie schön und toll und irgendwann fragte ich mich: Was, wenn ich mich in eine meiner Freundinnen verliebe?
Da ich ihnen allen sehr nah war, hab ich ihnen in einer ernsten Runde davon erzählt. Damals war „anders“ sein für mich nichts Ungewöhnliches, mein Bruder ist schwul und meine Familie ist mit mir immer sehr offen umgegangen. Jedenfalls habe ich zu Anfang die ungeteilte Aufmerksamkeit der Gruppe bekommen, doch als ich ihnen von meinen Gefühlen erzählte, lachten sie mich aus, einige fanden es eklig und sahen mich angewidert an. Und im selben Augenblick hatten sie meine gesamte Welt komplett auf den Kopf gestellt. War ich nicht normal? War ich ekelhaft? Danach haben sie sich von mir entfernt.
Später im Gymnasium wollte ich meine Gefühle für mich behalten. Ich habe nur meiner besten Freundin davon erzählt. In der dritten Klasse erfuhr ich dann, dass sie es nicht für sich behalten hatte und die ganze Klasse davon wusste. Ich fühlte mich nackt, verraten, aber vor allem fühlte ich mich allein. Eigentlich hatte ich nicht wenige Freund_innen, aber auch die schienen nicht mich selbst zu mögen, sondern meine Sexualität.
Es hat sich viel verändert. Meine Freund_innen, die Denkweise der Kinder, die um mich herum gelaufen sind und mir vorwurfsvoll „bi!“ hinterhergerufen haben, und auch meine Denkweise.
Ich bin keineswegs „ekelhaft“ oder „nicht normal“. Ich bin ich, und zwar auch, wenn ich lesbisch, schwul, bisexuell, pansexuell, asexuell, transsexuell oder sonst was bin.