In der Halloween-Nacht vor vier Jahren ist meine erste Kolumne für die an.schläge entstanden, mitten in einem Psychothriller aus US-Wahlen, neonazistischen Polizeikorps und Toten auf den Fluchtrouten. Nun, wenige Tage nach Samhain (irisch-keltisches Fest), schreibe ich meinen letzten queerverweis. Zum alten Horror sind neue Fratzen dazugekommen. Aber wem hilft es, diesen Fratzen mit kühlen Pointen und Zynismus zu begegnen? Oder mit Wut, wenn sich diese keinen Weg zur Aktion, zur Veränderung bahnen kann und sich stattdessen ins eigene Fleisch hineinfrisst? Und was ist die Alternative? Ich finde keine Antworten, die um Widersprüche herumkommen. Aktivistin sein wollen, sich selbst ausbeuten für den guten Zweck – und gleichzeitig Selbstfürsorge als genauso radikales wie bisweilen auch reaktionäres Handeln begreifen. Wiederum: im Politischsein Selbstfürsorge finden, die eigene Existenz gegen die Ohnmacht verteidigen – und aber genauso spüren, wie existenzgefährdend diese Selbstverteidigung sein kann. Wie die neoliberale Ideologie bis in die letzten Winkel des Denkens gedrungen ist und das Versprechen auf Besserung von einem psychiatrischen Apparat kommt, der nur dieselben Privilegien wiederholt. Und dann wieder: sich an der vehementen Schönheit queerer Liebe, Freund:innenschaft und an der Kraft des eigenen Körpers erfreuen und merken, wie blind man für sie so lange war. Ich durfte hier so vieles begreifen, nicht zuletzt die Widersprüche beim Schreiben: die Wehmut, die mich jetzt ergreift, obwohl mir so mancher Text Qualen bereitet hat (und genau diesen Teil gegen außen immer wegzulassen, für die Pointe und das Selbstbild).
Es wird Zeit, dass dieser Raum anderen gebührt. Danke, du tolles Magazin. Dass du politisch bleibst und unentwegt die Widersprüche feministischer Politik mitten in einer brennenden Welt auslotest. Dass du Menschen, die weniger von sich halten, als sie könnten, Raum zur Emanzipation schenkst – einen Raum, den du dir selbst Jahr für Jahr wieder erkämpfen musst. Bitte mach weiter so.
Sharon Saameli hält sich weiter an schönen Menschen, Büchern und Rollschuhen fest und verabschiedet sich von hier.